FAQ
Diese Zusammenstellung von Informationen will hessischen Kommunen eine Orientierung bieten, wie kommunale Datenplattformen erfolgreich nutzbar gemacht werden können. Sie basiert auf den zentralen Ergebnissen einer Studie, die das Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering (IESE) im Auftrag der hessischen Digitalministerin zu Smart-City-Datenplattformen durchgeführt hat.
Diese Frage kann aus unterschiedlichen Blickwinkeln beantwortet werden:
Meist werden Datenplattformen im Rahmen einer Open-Data-Strategie umgesetzt, das heißt einer Öffnung von Daten für die freie Weiterverwendung durch Dritte. Kommunen können beispielsweise Daten ihrer kommunalen Betriebe oder Behörden der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Die freie Verfügbarkeit ließe sich grundsätzlich auch mit der Veröffentlichung der Daten auf einer normalen Webseite realisieren. Eine kommunale Datenplattform geht jedoch deutlich über die bloße Bereitstellung von Daten hinaus. Weitere Anwendungsmöglichkeiten sind:
Vor der Implementierung sollte geklärt werden, welche Akteure ein besonderes Interesse am Aufbau und Betrieb einer Datenplattform haben. Kommunale und weitere Stakeholder können sein:
Wichtig für den langfristigen Erfolg einer kommunalen Datenplattform ist die Vernetzung der Stakeholder in einer aktiven Community. Deshalb sind auch nach der Implementierung regelmäßige Informations- und Austauschveranstaltungen sinnvoll, um das Interesse an der Datenplattform zu steigern und Rückmeldungen zur Weiterentwicklung einzuholen.
Smart-City- und Smart-Region-Lösungen basieren häufig auf dem Verschneiden von Daten aus unterschiedlichen Quellen. Um eine umweltsensitive Verkehrssteuerung zu realisieren, werden beispielsweise Daten zu Umweltbelastungen und zum Verkehrsaufkommen zusammengeführt und gemeinsam analysiert. Eine Datenplattform verwaltet und bereitet Daten auf, die für bestimmte Anwendungsfälle an Privatpersonen und organisierte Nutzer ausgegeben werden. Nutzerinnen und Nutzer verfolgen ein bestimmtes Ziel, das sie mit den Daten der Plattform erreichen wollen. Datenplattformen bringen viele unterschiedliche Datenquellen in eine „harmonisierte“ Umgebung, das heißt die Daten aus unterschiedlichen Quellen werden nutz- und kombinierbar. Die Datenquellen können sehr unterschiedlich sein, von Social-Media-Plattformen, über internetfähige Endgeräte bis zu den Datenbanken unterschiedlicher Dateninhaber aus Verwaltung, Stadtwerken, Wirtschaft und Ehrenamt. Sobald eine kommunale Datenplattform aufgebaut ist und verfügbare Datenquellen harmonisiert sind, können zum Nutzen von Bürgerinnen und Bürgern, Wirtschaftsunternehmen und Verwaltung neue Anwendungsfälle schnell und mit potenziell hoher Qualität entwickelt werden. Natürlich benötigt eine Datenplattform auch Qualitäten, wie Datensicherheit und eine Leistungsfähigkeit in der Datenverwaltung und ‑verarbeitung, die den Anwendungsfällen angemessen ist.
Eine Datenplattform benötigt folgende technischen Komponenten:
Folgende organisatorische Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um eine kommunale Datenplattform erfolgreich zu betreiben:
Datenplattformen bedeuten große Investitionen und ihre Implementierung ist ein komplexes Unterfangen. Vorab müssen Kommunen deshalb wichtige Fragen klären und Entscheidungen treffen.
Ganz am Anfang steht die Frage des erhofften Nutzens durch potenzielle Anwendungsfälle: Warum braucht unsere Kommune eine Datenplattform? Welche Bedürfnisse und Ziele von Bürgerinnen und Bürgern, Wirtschaft, Verwaltung oder anderen Gruppen lassen sich durch eine Datenplattform erfüllen? Grundsätzlich ist es auch möglich, von den vorhandenen Daten auszugehen, einen Datenkatalog zu erstellen und daraus Angebote für Datendienstleistungen abzuleiten. Ein intensiver Austausch in Beteiligungsformaten mit den Nutzergruppen der angedachten Datenplattform ist unerlässlich, um Bedarfe und potenzielle Anwendungsfälle zu identifizieren.
An die Bedarfsanalyse schließt sich die Gesamterfassung an. Hier geht es darum, zu klären, wie eine Datenplattform in die technischen und organisatorischen Prozesse und Systeme der Kommune eingebunden werden kann. Die Gesamterfassung muss ergebnisoffen sein. Sie könnte auch ergeben, dass der Aufbau und Betrieb einer Datenplattform zu aufwendig ist.
Im nächsten Schritt sollte das Geschäftsmodell der Datenplattform definiert werden: Welche Kosten entstehen der Kommune durch die Datenplattform? Welcher Nutzen steht dem gegenüber? Wann rechnet sich die Datenplattform? Nicht immer steht hier ein Kosten-Nutzen-Ausgleich im Vordergrund. Es kann auch gute Gründe geben, den Aufbau und Betrieb einer Datenplattform zu bezuschussen.
Wenn das Geschäftsmodell ausreichend definiert ist, muss entschieden werden: Kaufen, mitnutzen oder selbst machen? Wie soll die Datenplattform beschafft werden? Viel spricht dafür, als einzelne Kommune eine bereits entwickelte und funktionierende Datenplattform-Lösung mitzunutzen, einzukaufen oder die gemeinsame Beschaffung mit einer Nachbarkommune anzustreben. Die eigene sichere und verlässliche Entwicklung einer Datenplattform dürfte die Fähigkeiten der meisten Kommunen übersteigen.
Der letzten Schritte sind die Ausschreibung und Anbieterauswahl. Die Ausschreibung sollte ermöglichen, Beispielsysteme aufzusetzen, kommunale Anwendungsfälle möglichst realitätsnah durchzuspielen und die Elemente einer Datenplattform auszuprobieren. In der Anbieterauswahl sollte es vermieden werden, eine zu starke Abhängigkeit („Lock-In-Effekt“) von einem Anbieter oder Dienstleister herzustellen.
Zwei Betreibermodelle für Datenplattformen lassen sich unterscheiden: der kommunale Eigenbetrieb und die kommunale Beauftragung eines Dienstleisters. Je mehr Infrastrukturen ein Betreiber überwacht, aktualisiert und wartet, umso größer sind seine Erfahrungen und umso kostengünstiger und qualitativ hochwertiger erledigt er vermutlich die damit verbundenen Aufgaben. Mit der Beauftragung eines Dienstleisters kompensieren Kommunen in der Regel fehlende personelle Ressourcen für den Betrieb einer Datenplattform. Dadurch begeben sie sich in Abhängigkeiten, die sie vorab gut prüfen sollten.
Eine Datenplattform ist eine dynamische technische Lösung, die sich weiterentwickelt und deutlich mehr regelmäßige Aufmerksamkeit benötigt als andere Software-Lösungen im kommunalen Bereich. Mit folgendem Aufwand für technische Unterstützung, Weiterentwicklung und Wartung einer Datenplattform ist zu rechnen:
Wenn ähnliche Voraussetzungen und Anwendungsfälle zwischen Kommunen bestehen, kann interkommunale Zusammenarbeit mehr Ressourcen für den Aufbau und Betrieb einer Datenplattform mobilisieren. Vereint können Kommunen zudem eine größere Datengrundlage schaffen. Es kann außerdem hilfreich sein, bereits bestehende technische Lösungen und organisatorische Strukturen von sogenannten Vorreiter-Kommunen zu übernehmen. Zu unterscheiden sind folgende Fälle:
Großstadt (mehr als 100.000 Einwohner)
Eine eigens entwickelte Datenplattform im eigenen Betrieb lohnt sich nur für sehr große Städte oder für Städte mit sehr großem Fördervolumen. Generell wird eher die Nutzung und Adaption einer bereits existierenden Lösung statt eine Neuentwicklung einer Datenplattform empfohlen. Schon die Implementierung einer vorhandenen Lösung ist auf kommunaler Ebene ein großes Projekt. Großstädte sollten erwägen, kleineren umliegenden Kommunen für gemeinsame Anwendungsfälle eine Mitnutzung ihrer Datenplattform zu ermöglichen.
Mittelstadt (zwischen 50.000 und 100.000 Einwohner)
Eine eigens entwickelte Datenplattform im eigenen Betrieb lohnt sich nur für Mittelstädte mit sehr hohem Budget für solche Vorhaben. Andere sollten ihre Anwendungsfälle mithilfe bestehender Datenplattformen realisieren. Sie sollten außerdem sehr genau prüfen, ob ihre Anwendungsfälle eine Datenplattform im Hintergrund benötigen. Häufig lassen sich kommunal-spezifische Anwendungsfälle auch ohne diese Infrastruktur umsetzen. Synergien entstehen, wenn sich mehrere Mittelstädte mit räumlichem Bezug zusammenschließen und eine Lösung für die Region umsetzen. Vorreiter hierfür ist die Rhein-Neckar Metropolregion.
Landkreise und kleine Kommunen (weniger als 50.000 Einwohner)
Die Nutzung einer Datenplattform lohnt sich für kleinere Kommunen nur, wenn bestehende Infrastrukturen anderer Kommunen mitgenutzt werden können. Selbst bei der Mitnutzung kann aufgrund der großen Komplexität einer Datenplattform schnell technische Überforderung eintreten. Für kleinere Kommunen sind Anwendungsfälle, die mit wenig oder keiner Anpassung bei allen Kommunen eingesetzt werden können, besonders interessant. Ein Beispiel hierfür sind regionale Vorhersage- oder Entscheidungsmodelle zur Stadt- und Raumentwicklung auf Basis von Daten in Zeitreihen.
Landkreise sollten prüfen, ob sie den Kommunen in ihrem Kreis eine Datenplattform als Service anbieten können. Voraussetzung hierfür ist, dass auf Seiten der Kommunen genügend Interesse besteht.
Kommunen haben im Rahmen der Implementierung von kommunalen Datenplattformen die Möglichkeit, den Zugriff auf Daten in ihrem Sinne und rechtskonform zu steuern. Alle Daten, die mittels einer Datenplattform verarbeitet werden und die Basis für Anwendungsfälle bilden, erfordern eine spezifische Behandlung der Zugriffsrechte. Manche Daten können öffentlich zugänglich gemacht werden (Open Data). Für andere müssen Zugriffsbeschränkungen definiert werden, beispielsweise für Daten, deren Anwendungsfälle kostenpflichtig gemacht werden sollen. Besondere Vorsicht ist bei der Verarbeitung personenbezogener Daten angebracht. Hier müssen die Bestimmungen der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) eingehalten werden. Viele Smart-City- und Smart-Region-Anwendungen kommen jedoch auch ohne personenbezogene Daten aus.
Bei der Entwicklung einer eigenen Datenplattform wie auch bei der Entscheidung für eine Plattform-Lösung empfiehlt es sich, etablierte Standards und Normen zu berücksichtigen. Dazu gehören beispielsweise Datenmodelle wie DCAT-AP oder NGSI-LD, aber auch gängige Richtlinien von ISO oder DIN. Standardisierung erleichtert den Datenaustausch sowie das allgemeine Zusammenspiel verschiedener technischer Systeme und trägt so zum Erfolg der Datenplattform bei.
Am 1. Februar 2021 ging die kommunale Datenplattform der Digitalstadt Darmstadt an den Start. Sie präsentiert aktuelle Daten aus der Stadt in leicht verständlicher Form, unter anderem aktuelle Umwelt- und Verkehrsdaten oder auch Fortschritte der Digitalisierungsprojekte.